Zur Besprechung von Egmont Michels’ Buch Philipp Carl Hoffmann (1769–1842) (Beiträge zur mittelrheinischen Musikgeschichte 45) durch Christian Kuntze-Krakau in Das Orchester (04/2017)
Eigentlich würde es genügen, sich kurz und bündig der Behauptung zuzuwenden, in der Kuntze-Krakau sein – sagen wir mal: nicht gerade begeistertes – Referat über Michels’ Buch kulminieren lässt: Der Autor hätte vor 45 Jahren bereits eine Studie über Hoffmann vorgelegt, und es sei nicht klar, ob „neuere Quellenfunde die jetzige Veröffentlichung motivierte“. Dass sich der Rezensent, der ja mit dieser Bemerkung kaum etwas anderes intendiert haben kann, als die Unnötigkeit der zur Sprache stehenden Arbeit zu belegen, sich nicht der Mühe unterzogen hat, die Titel einmal genau anzusehen, ist eine schon fast rekordverdächtige Schlamperei – hätte er es getan, wäre ihm aufgefallen, dass das 1972 erschienene Buch Heinrich Anton Hoffmann, den Bruder Philipp Carls, zum Gegenstand hat.
Doch schon bevor man mit jener Aussage konfrontiert ist, stellt sich Stirnrunzeln ein: Dass jemand aufgrund der Vielseitigkeit seiner Interessen „nicht klar einzuordnen ist“ (in welches Schema eigentlich?) und deshalb ein Unbekannter blieb, ist schon eine steile These. Und es sei „schade“, dass Michels hier und da (in Ermangelung von Quellen) Vermutungen äußert – zur Erläuterung: Keine seriöse Studie über ein Thema wie dieses kommt ohne Vermutungen aus. Apropos Quellen: Dass Michels diesbezüglich „detaillierte Nachforschungen“ angestellt hat, findet erfreulicherweise die Anerkennung des Rezensenten; nur machen die Fragen, die Kuntze-Krakau weiterhin von Michels nicht beantwortet findet, einigermaßen ratlos – deshalb, weil der Autor bei entsprechender Quellenlage zweifellos auch zu diesen Themenbereichen etwas gesagt hätte, und auch aus dem Grunde, weil der Rezensent von der Musik- und Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts allenfalls rudimentäre Vorstellungen besitzt: Die Formulierung der Defizite der Arbeit (bezüglich „Freiberuflern“, Körperbehinderung und Konzerttätigkeit sowie Auslandsaufenthalten) dokumentiert allzu deutlich die gedankliche Orientierung an gegenwärtigen Maßstäben und Denkmustern, in die man historische Geschehnisse und Personen, will man den Boden der Seriosität nicht verlassen, nicht hineinzwingen darf. Und schließlich: Was die Aussage „Hoffmann hat wenig hinterlassen, was überliefert werden [!] kann [!]“, bedeuten soll, erschließt sich allenfalls, wenn überhaupt, dem Rezensenten selbst, der sicher auch weiß, was er damit sagen wollte, dass Constanze Mozart sich „vorsichtig skeptisch“ über die Kadenzen Hoffmanns zu Konzerten ihres verstorbenen Mannes äußerte. Ob sie schon geahnt hat, dass irgendwann einmal jemand ein unnötiges (zweites) Buch über jenen Unbekannten schreiben würde? Im Ernst und noch einmal deutlich – wenn es auch eine Binsenweisheit ist: Man sollte von der Sache schon etwas verstehen, wenn man ein Buch bespricht, und man sollte sich auch der Verantwortung bewusst sein, die mit dieser Tätigkeit verbunden ist.
Axel Beer